Über David hinaus

Die neue Galleria dell'Accademia di Firenze

Ein wahres Kunstwerk, die Gipsfigurensammlung der Galleria dell’Accademia di Firenze, die am Montag, den 10. Oktober 2022, nach etwa zwei Jahren Renovierungsarbeiten in einem neuen Gewand wieder geöffnet wurde und damit die 2016 begonnenen umfangreichen Bauarbeiten abschließt. ÜBER DAVID HINAUS ist der Titel, mit dem die Direktorin Cecilie Hollberg die neue Galleria dell’Accademia vorstellt, um zu betonen, dass das Museum nicht nur eine Schatztruhe für Michelangelos Skulpturen ist, die in der ganzen Welt beliebt sind, sondern auch Zeugnis von bedeutenden Sammlungen im Zusammenhang mit der florentinischen Kunst ablegt, die nun endlich erscheinen und sogar dem David die Schau stehlen.

„Die Gipsoteca ist der letzte Baustein im Erneuerungsprozess der Galleria dell’Accademia di Firenze“, sagt Cecilie Hollberg gerührt. „Eine Aufgabe, die mir durch die Reform von Minister Franceschini anvertraut wurde, nämlich eine neue und moderne Galerie ins 21. Jahrhundert zu führen. Ein riesiges Unterfangen, das wir dank der Hingabe und der Professionalität unseres Teams und der Unterstützung vieler erreicht haben. Es ist nicht einfach gewesen, aber trotz der vielen Rückschläge, die durch die Aufhebung der Autonomie, die Pandemiekrise und den strukturellen Problemen, die im Laufe des Projekts entstanden sind, haben wir es geschafft. Die Neueinrichtung der Gipsoteca wurde im vollen Respekt des historischen Grundrisses umgestaltet und modernisiert, eines der letzten Beispiele der Museographie von Sandra Pinto. Ich danke Carlo Sisi für seine wertvolle Beratung. Die restaurierten und gereinigten Gipsabdrücke kommen durch das helle Puderblau der Wände so gut zur Geltung, dass sie lebendig wirken. Das Ergebnis ist großartig! Wir sind stolz und glücklich, dass wir es nun mit allen teilen können.“

Der monumentale Saal des 19. Jahrhunderts, einst der Frauengang des alten Krankenhauses von San Matteo, später Teil der Akademie der Schönen Künste, beherbergt die Sammlung von über 400 Gipsabgüssen, darunter Büsten, Flachreliefs, monumentale Skulpturen und Originalmodelle, größtenteils von Lorenzo Bartolini, einem der bedeutendsten italienischen Bildhauer des 19. Jahrhunderts. Die Sammlung wurde nach dem Tod des Künstlers vom italienischen Staat erworben und nach der Überschwemmung von 1966 hierher verlegt. Ein faszinierender Ort, der das Atelier von Bartolini ideal nachbildet und durch eine Gemäldesammlung von Meistern des 19. Jahrhunderts, die an der Akademie der Schönen Künste studiert oder gelehrt haben, bereichert wird.

Die Arbeiten umfassten statische und strukturelle Eingriffe sowie die Erneuerung der Klimaanlage, Beleuchtung und Elektroinstallation. Aus statischen und klimatischen Gründen wurden mehrere Fenster geschlossen, wodurch der neue Aufbau in der „Gipsoteca“-Farbe, dem Puderblau, gestrichenen Wänden einen großen Ausstellungsraum zurückgewinnen konnte, der die Gipsoteca auch mit den Gipsmodellen bereichert, die bisher in den Büros der Galerie aufbewahrt wurden. Die renovierten und vergrößerten Regale beherbergen die Porträtbüsten und kleinere Gipsabgüsse, die zum ersten Mal dank eines sicheren und nicht-invasiven Verankerungssystem gesichert werden konnten. Die Gipsmodelle wurden, während der Renovierungsarbeiten, einer sorgfältigen konservatorischen Restaurierung und Reinigung unterzogen, da Gips ein äußerst empfindliches und fragiles Material ist, dessen Weißgrad aus verschiedenen Gründen beeinträchtigt werden kann. Zudem wurde eine eingehende Fotokampagne durchgeführt.

Die großen Bauarbeiten begannen im Jahr 2016 und umfassten Studien- und Vorbereitungsphasen, die Dokumentationen und Pläne erstellten, die zuvor nicht existierten. Es war notwendig, das Sicherheitssystem auf den neuesten Stand zu bringen, die Installationen zu erneuern, die architektonisch-strukturelle Restaurierung der Gipsoteca durchzuführen, die Konsolidierung oder den Ersatz der Holzbinder aus dem 18. Jahrhundert im Saal des Kolosses, die sehr schäbig waren, Arbeiten an den Lüftungs- und Klimaanlagen, die in einigen Räumen fehlten oder 40 Jahre alt waren, und eine angemessene Beleuchtung. Die Arbeiten erstreckten sich über 3000 Quadratmeter des Museums. Insgesamt wurden 750 Meter Lüftungskanäle ersetzt oder saniert und 130 Meter Kanäle erneuert. Zum ersten Mal verfügt das Museum nun über eine funktionierende Klimaanlage in jedem Raum sowie neue, hochmoderne LED-Leuchten, die die ausgestellten Werke hervorheben und zur Energieeffizienz beitragen. Je nach Bedarf wurden Eingriffe an allen Werken des Museums durchgeführt: Sie wurden bewegt, geschützt, verpackt, abgestaubt, überprüft oder anderweitig überarbeitet. Gleichzeitig wurden gründliche fotografische, konservatorische und Digitalisierungs-Kampagnen für alle Sammlungen durchgeführt. Wege und Ausstellungen wurden neu durchdacht.

Vom Saal des Kolosses, der mit seinem Accademia-Blau den Ausstellungsrundgang eröffnet und im Zentrum den imposanten „Raub der Sabinerinnen“ zeigt, ein Meisterwerk von Giambologna, um die sich die kostbare Sammlung florentinischer Malerei des 15. und frühen 16. Jahrhunderts dreht, bis zum neuen, dem 15. Jahrhundert gewidmeten Saal, in dem Meisterwerke wie den sogenannten „Cassone Adimari“ von Lo Scheggia und die „Tebaide“ von Paolo Uccello perfekt platziert sind und endlich in all ihren wunderbaren Details lesbar werden. Von der Galleria dei Prigioni bis zur Tribuna del David, dem Mittelpunkt des Museums, wo die neue Beleuchtung die größte Sammlung von Michelangelo-Werken noch besser zur Geltung bringt und jedes Detail, jedes Zeichen des „Non finito“ – „Unvollendeten“ sichtbar macht. Das sind Werke, die sich mit den großen Altarbildern des 16. und 17. Jahrhunderts auseinandersetzen und den Einfluss Michelangelos auf seine Zeitgenossen, auf der Suche nach neuer Spiritualität der Gegenreformation, bezeugen. Schließlich die Säle aus dem 13. und 14. Jahrhundert, in denen die goldenen Hintergründe auf den grün gestrichenen Wänden von Giotto mit einer nie wahrgenommenen Leuchtkraft erstrahlen. Heute hat die Galleria dell’Accademia di Firenze ein neues Gesicht und besitzt eine starke neue Identität.

Veranstaltung
Vergangenheit

2022-10-10

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